Kein Stimmrecht für Menschen ohne Schweizer Pass: Kanton verweigert Gemeinden die Selbstbestimmung

Die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat verweigert den Gemeinden das Recht, selbst über die Einführung eines kommunalen Stimm- und Wahlrechts für Menschen ohne Schweizer Pass zu entscheiden. Damit untergraben die bürgerlichen Parteien die Gemeindeautonomie und schwächen die direkte Demokratie.

Im Kanton Zürich verfügen Menschen ohne Schweizer Pass über keinerlei politische Rechte. Weder auf Gemeinde- noch auf Kantonsebene dürfen Sie wählen oder abstimmen. Gerade in Gemeinden mit einem hohen Ausländer:innenanteil ist deswegen ein grosser Teil der Bevölkerung von der politischen Mitsprache ausgeschlossen – in einigen Gemeinden mehr als 40 Prozent.

 

Ein Stimm- und Wahlrecht für Menschen ohne Schweizer Pass würde wesentlich dazu beitragen, die politischen Entscheide der Gemeinden wieder breiter abstützen und damit die direkte Demokratie massgeblich stärken. Der Zürcher Stadtrat forderte deshalb mit einer Behördeninitiative die Regierung des Kantons Zürich auf, die Verfassung und Gesetze so anzupassen, dass Zürcher Gemeinden das Recht erhalten, freiwillig ein Stimm- und Wahlrecht für Menschen ohne Schweizer Pass einzuführen.

Bürgerliche Mehrheit verhindert Kompromiss

Nachdem die bürgerlichen Parteien von der Behördeninitiative nichts wissen wollten, haben SP, Grüne und Grünliberale im Kantonsrat die Eckpunkte für einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, welcher das Stimmrecht auf Ausländer:innen mit Niederlassungsbewilligung C beschränkt. Die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat blockiert jedoch selbst eine solche Kompromisslösung und lehnt sowohl die Initiative als auch die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags ab.

Dass der Kanton den Gemeinden die Selbstbestimmung verweigert, ist absurd.

SP-Kantonsrätin Nicola Yuste.

Dass der Kantonstat sich dem gerechtfertigten Anliegen nach mehr Gemeindeautonomie und einer Stärkung der Demokratie derart stur verweigert, ist unverständlich. «Ob eine Gemeinde ein Stimmrecht für Menschen ohne Schweizer Pass einführen will oder nicht, sollte einzig und allein ihre Sache sein. Dass der Kanton den Gemeinden hier die Selbstbestimmung verweigert, ist absurd», so SP-Kantonsrätin Nicola Yuste.

FDP blinkt links, biegt aber nach rechts ab

Besonders ernüchternd ist das Verhalten der FDP. Obwohl die Stadtzürcher FDP sich unlängst für ein Stimmrecht für Menschen ohne Schweizer Pass ausgesprochen hat, stimmten schlussendlich nicht einmal ihre städtischen Vertreter:innen für den Kompromissvorschlag.

 

So enttäuschend der heutige Entscheid des Kantonsrates auch ist: Die SP wird sich weiter für mehr demokratische Mitspracherechte für Menschen ohne Schweizer Pass und die Selbstbestimmung von Städten und Gemeinden einsetzen.